Das Glück und sein Ego

Jeder ist selbst für sein Glücklich-sein zuständig. Das sagte mir letztens ein Kollege. Ich stutzte. Ja, klar, bin ich für mein Glück zuständig. Aber auch für das meiner Kinder. Und wenn ich ehrlich bin, dann ist mir das wichtiger als mein Glück. Also darf ich mich trennen, weil ich in der Beziehung nicht glücklich bin? Oder ist das egoistisch?

Ein spannender Ansatz
Ich stand beim Sommerfest an der Candy-Bar und gönnte mir das dritte Zucker-Herz. Die Sonne schien an diesem Freitag Abend und die Jazz-Musik strömte in mein Herz. Um mich herum gute Stimmung: Das Lachen versprach einen leichten Abend. Die Kinder waren beim Papa und ich durfte nur mal ich sein. Ein Arbeitskollege fischte neben mir nach einem Gummibärchen und fragte, wie es mir geht. Diese Frage kann schwierig sein, aber an diesem Abend war sie leicht. Wir hantelten uns vom Small-Talk relativ schnell zu intensiven Themen und landeten schließlich bei der Kindererziehung.

Wer verantwortet Glück?
Es kam die Frage auf, was Eltern für ihre Kinder tun können. Ich wagte mich mit einem Zitat vor, dass ich vor Kurzem gelesen hatte: „Das Wichtigste, was ein Vater für seine Kinder tun kann, ist, ihre Mutter zu lieben.“ Nachdem der Satz bei meinem Gegenüber gewirkt hatte, ergänzte ich: „Ich finde das hat soviel Wahres: Liebe vorzuleben ist der Schlüssel für freie und beziehungsfähige Kinder. Sie können darin soviel lernen: Vertrauen, Empathie, Herzenswärme und die Väter sorgen so maßgeblich für den Familienzusammenhalt. Die Mama ist ja mit der Care-Arbeit voll beschäftigt. Es wäre so simple wie einfach: Papa, mach die Mama glücklich.“
Ich fühlte mich, als hätte ich das „Wort-zum-Sonntag“ gesagt und schnappte mir als Belohnung noch einen sauren Frosch. Mein Kollege zog die Augenbrauen hoch. Skeptisch und nachdenklich antwortete er: „Aber jeder ist doch für sein Glück selbst verantwortlich. Das kann doch nicht Aufgabe meines Partners sein, dass ich glücklich bin.“ In dem Moment drehte die Musik auf und die Gastgeberin begrüßte die Gäste mit einem herzlichen „Hallo. Schön, dass ihr da seid.“ Das Gespräch endete, aber der Satz wirkte nach. Lange sogar.

Das Glück ist kein Vogerl
Ich bin für mein Glück selbst verantwortlich. Was heißt das in einer Beziehung? Was heißt das, wenn du Kinder hast? Ich bin ja auch für das Glück der Kinder verantwortlich, oder macht dass das Vogerl? Die Entscheidung ob wir uns trennen, habe ich mir nicht leicht gemacht. Im Gegenteil, es war die schwerste Entscheidung, die ich je treffen musste. Und ich weiß, das trifft auch auf ganz viele andere zu.
Immer wieder zweifle ich an meiner Entscheidung. Auch heute noch – drei Jahre später. Aber nicht wegen mir und meinem Selbstwert, sondern wegen der Kinder. Sie vermissen ihren Papa. Sie fragen, warum wir nicht zusammenleben. Sie sehen intakte Familien. Manche Dinge verstehen sie noch nicht. Ich werfe mir dann Egoismus vor und dass ich bei der Trennung nur an mich gedacht habe. Und dass ich doch noch viel ausgehalten hätte, um den Kindern eine Trennung nicht zuzumuten.

Mein Mama-Beschützer-Instinkt
Das Umfeld füttert dieses Urteil. Es wird das Modell „Alleinerziehend“ immer noch in Frage gestellt und bewertet. Ungefragt versteht sich. Alte Rollenbilder klettern hoch und schreien „Sieger“. Es ist ein ständiger Kampf zwischen „Wie dich die Gesellschaft will“ und „Was uns als Familie gut tut“. Alleinerziehend zu sein ist kein Zuckerschlecken. Es ist soviel mehr als nur allein-zu-erziehen. Das fühlt sich oft nicht nach Glück an.

Und doch. Es stimmt.
Denn Aufgeben ist keine Option. Es gilt der Grundsatz: Ist die Mama glücklich; ist der Papa glücklich, können es die Kinder auch sein und werden. Ja, vor allem werden. Und ja, ich bin für mein Glück selbst verantwortlich. Da hat er Recht. Denn wenn mein Partner mir schadet, dann ist sich zu trennen, die einzige Möglichkeit, das Glück wieder
zu finden. Dann muss ich meine Verantwortung übernehmen. Denn eine gute Beziehung ist in dem Fall nicht, den anderen glücklich zu machen, sondern dafür zu sorgen, dass er Raum hat, sein Glück zu finden. Das wäre gesund.
Genauso wie es gesund wäre, als Vater die Mama seiner Kinder zu lieben. Aber manchmal läuft das Leben nicht nach Plan. Und dann ist es eben nicht mehr in der Norm. Aber am Ende zählen die Kinder. Glückliche Mama’s und Papa’s – egal ob getrennt lebend oder nicht – sind immer der Schlüssel für beziehungs- und lebensfähige Kinder. Oder wie siehst du das?

Weil wir Alleinerziehenden alles schaffen.
Deine Sandra

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