Kein Kochen, aber das Essen ist trotzdem kalt
Urlaub allein mit Kindern: Wie ich als Single-Mama die Welt rettete und Unfallstellen räumte – aber hey, wenigstens musste ich nicht kochen!
Endlich Urlaub
Meine zwei schliefen schon fest, als ich sie betrachtete und wieder mal fasziniert war, wie zufrieden Kinder im Schlaf aussehen können. Wir waren im Urlaub im Familienhotel. Die letzten Tage vor dem Schulstart noch abhauen und entspannen, das war mein Plan.
Ich entschied schnell an der Bar ein Glas Rotwein zu holen und es mir dann auf dem Balkon gemütlich zu machen. Es war ein warmer Abend in den Bergen. Ich schloss also die Türe leise hinter mir und sperrte ab. Sicher ist sicher. Vier Stockwerke runter – lieber zu Fuß, das ging schneller als mit dem Lift – und dann ab an die Bar. Ich bestellte beim Barkeeper Rotwein.
Während er den Wein einschenkte, fiel mir die Geschichte von Maddie ein. Kannst du dich noch erinnern? Das Kind, welches aus dem Hotelzimmer entführt wurde? Plötzlich wurde ich nervös. Wie musste sich das anfühlen? Der Engel von Kellner schob den Viertel Krug über den Tresen. Ich schnappte ihn mir und rannte los. Keine Zeit auf den Lift zu warten, also die vier Etagen zu Fuß wieder hoch: Was wenn ein Kind wach wird und inzwischen das halbe Hotel zusammen schreit? Werden eigentlich schreiende Kinder auch entführt? Ich hechtete ins Zimmer: Alles ruhig. Ich schlich auf den Balkon und schenkte mir ein Glaserl ein. Pause. Atmen.
Nun, was tun?
Ich könnte jetzt ein Buch lesen, ging mir durch den Kopf. Aber das hatte ich im Koffer-Pack-Stress zu Hause vergessen. Also Handy raus und mal durch den Instagram Account gescrollt. Das machte mich aber auch nicht glücklicher. Die lächelnden und bedürfnis-orientierten Mamas mit ihren beigefarbenen Wonneproppen. Mein Rabenmutter-Gefühl meldete sich. „Nein, ich habe Urlaub“, raunzte ich vor mich hin und schlüpfte wieder ins Zimmer.
Mir war langweilig. Also doch ins Bett. Schlaf soll gesund sein. Ich schüttete mir den Rest des Viertel Rotweins rein – ein Achterl hätte mal locker gereicht – und ging ins Bad. Ich könnte in Ruhe duschen oder auch mal meine Augenbrauen zupfen? Ach nö. Zähneputzen reicht. Um Gewohnheiten zu ändern brauche ich mehr Zeit. Definitiv.
Ab ins Bett
Die zwei lagen inzwischen übereinander und genau in der Mitte. Ich quetschte mich in den nicht vorhandenen Spalt. Die Füße meines Bubis gruben sich direkt unter meine Beine, während meine Prinzessin sie auf meinen Bauch thronte. Ich hellwach. Gedankenwolken bäumten sich auf und hinderten mich am einschlafen. Was ist das für eine weiche Matratze? In meinem Alter tue ich mir schon schwer, mich an fremde Matratzen zu gewöhnen. Das kann der Rotwein auch nicht ändern. Toll, dachte ich und starrte an die Decke.
Der neue Tag bringt Urlaub
Gefühlt ohne ein Auge zu gemacht zu haben, brach der Morgen an. Nach dem Morgenkuscheln ab ans Frühstücksbuffet. Gestrichene Nutella-Brote und Becher mit Kakao am Kinderbuffet versprachen ein ruhiges Frühstück. Scheinbar auch ein schnelles, denn nach zehn Minuten waren beide Kinder fertig und rannten auf den Spielplatz. Ich saß alleine mit meinen Spiegeleiern am Tisch. Um mich herum: Familien. Mit Mama und Papa. Ich nahm einen Schluck von meinem Latte und würgte das Rabenmutter-Gefühl wieder runter. „Ferien!“ schnauzte ich es an. Da hörte ich mein Mädchen schreien. Brennnesseln. Nach meinem Weltrettungseinsatz waren Spiegeleier und Latte kalt. Na toll.
Und dann: Ein Geschenk des Himmels
Auf zum Hochseilgarten. Genial: Kinder gesichert und angekettet an einem Seil mit Anfang und Ende. Der Erfinder sollte definitiv dafür einen Nobelpreis bekommen. Nachdem ich beide eingefädelt hatte, holte ich meinen Latte to Go aus dem Rucksack und setzte mich auf einen Baumstumpf. Augen zu und Waldluft atmen. Kaum ausgeatmet hörte ich meinen Kleinen schreien. Er stand in der Mitte des Parcours auf zwei Meter Höhe und rief „Mama, ich muss aufs Klo.“ Oh nein, dachte ich und während ich zu ihm sprintete, schossen mir bereits Lösungen durch den Kopf: Gurt aufmachen, ans Ende klettern lassen, Hosenschlitz öffnen. Angekommen erwiesen sich alle drei Ansätze als nicht durchführbar. Ein Stressmoment. Gottseidank schien der Guide das Problem zu kennen und erlöste mich mittels Schraubenzieher.
Den Tag ausklingen lassen
Als wir abends im Hotel an kamen, jagte ich die Kinder in ihren Bademänteln vier Stockwerke runter. Das Hallenbad leer. Scheinbar saßen alle schon beim Abendessen. Wie schön. Mein Mädchen platschte schon ins Wasser, während mein Bubi mich groß anschaute. Oh nein. Ich hatte die Schwimmflügel im Zimmer vergessen. Was tun? Ich konnte sie nicht alleine im Schwimmbad lassen und das eine Kind wieder aus dem Wasser zu ziehen war definitiv auch keine entspannte Option. Ich schaute rundum und – welch Glück – ich sah Schwimmflügel in der Ecke liegen. Ein Familienhotel eben. Ich ignorierte den Gedanken an eine Fieberblase. Ab ins Wasser.
Müde und frisch geduscht ging es eine Stunde später ans Buffet. Ich holte mit der Einen eine Tomatensuppe und las auf dem Weg zum Tisch die Pommes auf, die der Andere verloren hatte. Am Tisch ein Ketchup-Unfall. Hilflos sah ich die Kellnerin an, die verstehend nickte. Sie brachte eine frische Tischdecke. Während wir die Unfallstelle räumten, waren die Raubtiere bereits mitten in der Fütterung. Und bevor ich mich versah und mein Essen heiß anrührte, saß ich schon wieder alleine am Tisch. Ich beobachtete schweigend meine zwei Löwen in der Malecke und andere Familien. Seufzend nahm ich einen kalten Bissen und dachte, wenigstens gibt es in der Malecke keine Brennnesseln.
Als ich drei Tage später heimfuhr, kribbelte die Fieberblase schon auf meinen Lippen. Und: Ich war ich erschöpft vom Urlaub. Allein mit zwei Kindern ist es auch unterwegs anstrengend. Aber wenigstens musste ich nicht kochen.
Weil wir Alleinerziehenden alles schaffen.
Deine Sandra