Ich bin immer noch frisch im Alleinerziehenden-Geschäft und habe mein Bild von Familie neu gezeichnet. Ich versuche nach vorne zu schauen und mich nicht zu verlieren. Meistens bin ich ziemlich gut. Aber eben nur meistens. Denn letztes Wochenende, als er die Kinder abgeholt hat, kam ein neues Gefühl auf mich zugerollt: Konkurrenzdenken. Und damit die Frage: Wer ist der bessere Elternteil? Und das macht mir echt zu schaffen.
Superdaddy und seine tolle Welt
Unter uns gesagt: Es kotzt mich an, wenn der Vater die Kinder nach einem Wochenende freudestrahlend zurückbringt. Die Kinder sind aufgeregt und erzählen, wie unendlich toll es doch bei ihm war. Während ich allein zu Hause gewartet habe, hat er ihnen das Trampolin gekauft, dass ich schon lange wollte; ist mit ihnen am alten Rhein picknicken gewesen; und war noch beim Götte zum UNO spielen. Es ist doch so viel besser bei Papa.
Ehrlicherweise sagen sie das nicht. Aber ich höre das. Und ich beginne zu zweifeln, zu vergleichen und zu konkurrieren. Ich will doch der bessere Elternteil sein. Nein. Ich bin der bessere Elternteil. Was ich fühle ist Neid, Hass, Frust, Selbstmitleid. Wahrscheinlich eine Mischung aus allem.
Mal ganz ehrlich: Wie machst du das? Wie gehst du damit um, wenn deine Kinder vor Lachen glucksend nach Hause kommen? Kannst du dich für dein Kind freuen? Kannst du das von deiner persönlichen Kränkung trennen? Bei mir funktioniert es gerade gar nicht. Die Kinder dürfen – nein – sollen sogar zu Papa. Und ich muss meine Erfahrung mit ihm, von der Erfahrung der Kinder mit ihm, trennen. Ist mir klar und krieg ich auch hin. Aber meine Gefühle sind trotzdem da und ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll.
Die Psychologin in mir
Ich brauche es analytisch. Einfach in eine Schublade eingeordnet. Vielleicht macht es mir dann weniger Angst. Also: Ich sehe ihn als Konkurrenten. Einer, der mir die Kinder wegnehmen will. Einer, der die Kinder auf seine Seite ziehen will. Einer, der den Kindern mehr bieten kann als ich. Das ist mein Grundgefühl.
Aber ist das so? Schließlich muss er jetzt mit den Kindern Programm machen. Als wir noch zusammen waren, habe ich mich um alles gekümmert: Mittagessen mit Vitaminen, Wochenendgestaltung mit Ausflügen, Erziehung mit Trösten. Er hat sich immer nur mitziehen lassen. Er hat sich aus der Verantwortung genommen. Und wenn er Lust hatte, hat er mitgemacht und wenn er keine hatte, dann hat er anderes gemacht.
Die Rollen verändern sich
Und jetzt? Die Kinder kommen und er ist verantwortlich fürs Essen, fürs Programm, fürs Unterhalten. Das er mit den Kleinen macht, was ich immer gewollt habe, heißt ja nur, dass es ihm an eigenen Ideen fehlt. Abschauen ist einfach. Und Abwälzen und Abgeben geht nicht mehr. Ich bin nicht mehr da. Und klar, kann man emotionale Kälte mit Geld wett machen. Hat immer schon funktioniert. Ist der einfache Weg.
Also nüchtern betrachtet: Das alles hat nichts mit mir zu tun. Sondern ergibt sich aus der geänderten Situation. Er muss nun eine neue Rolle übernehmen. Und das sich das an meiner alten Rolle orientiert ist naheliegend und macht Sinn. Ich habe sie bestens ausgefüllt. Oder?
Auf meine Stärken besinnen
Ich habe mir fest vorgenommen, dass ich die nächsten freien Wochenendtage nicht allein zu Hause rumsitze und arbeite, sondern sie mit Selbstliebe fülle: Zum Friseur gehe, mit einer Freundin auf den Pfänder laufe, über den Marktplatz schlendere, neue Schuhe kaufe und Martini in der Sonne trinke. Einfach mir selbst etwas Gutes tun. Mich verwöhnen. Akkus aufladen. Und wenn die Kinder dann bei mir sind, eine Geschichte mehr lesen als sonst, nach dem Eislaufen zum McDonalds gehen, Popcorn platzen lassen und die Eiskönigin schauen. Ich werde sie beim Trösten eine Minute länger im Arm halten und ihnen vor dem Gutenachtlied die Füße massieren.
Konkurrenzlose Supermama
Einfach achtsam sein und dabei wissen, dass ich ihnen Wurzeln gebe, die sie so dringend brauchen, um zu wachsen. Das ich fürs Zähneputzen sorge, damit sie gesunde Zähne haben. Das ich sie zum Lernen motiviere, damit sie Bildung haben. Das ich fürs Streiten da bin, weil ich es aushalte.
Nur das mit den Flügeln, die sie zum Fliegen brauchen, ist nicht so einfach. Noch. Denn das hat mit Loslassen zu tun. Musste ich grade. Tut weh. Schaff ich noch nicht. Aber die Kinder loszulassen und zu vertrauen, dass sie wieder kommen, das ist der nächste Schritt. Versprochen.
Schublade wieder schließen
Jetzt geht es mir besser. Er ist nicht der bessere Elternteil. Er gibt nur sein Bestes. Wie ich auch. Gefühle lokalisiert, benannt und für menschlich eingestuft. Gegenmaßnahmen definiert und Meilensteine geplant. Sortiert und zufrieden mache ich jetzt die Schublade zu und greife zum Telefon: Den Friseurtermin muss ich noch ausmachen. :)
Weil wir Mamas alles schaffen.
Deine Sandra