Meisterin der Ablenkung

Für viele ist der Sommer die absolut schönste Zeit im ganzen Jahr. Naja, zumindest für schulpflichtige Kinder und ihre Lehrer. Für mich und viele andere Eltern ist es wohl die anspruchsvollste und herausforderndste Zeit. Neben den vielen zu organisierenden Tagen und die mit Aktivitäten gefüllten Wochen, gibt es da bei uns diese ganz besondere Zeitspanne, welche es ausschließlich nur in den Sommerferien gibt und bei den Kindern beliebter ist als bei mir. Zwei spezielle Wochen, durchgehend und exklusiv mit einem Elternteil.

Und wenn ich nur an diese Zeit denke, wird mir ganz anders ums Herz. Dann steigen Erinnerungen, ja Sehnsüchte in mir auf. Dann sind meine vier Wände für mich kaum noch zu ertragen und es hilft nur noch Flucht und Ablenkung. Ablenkung ist eine super Sache. Damit kann man so super gut alles in den Hintergrund drängen, beschwichtigen oder für eine Zeitlang vergessen. Hinzu kommt meine Schwäche für Bücher und Zeitschriften, welche mich unheimlich schnell in das weite Universum der Ablenkung katapultiert. Ich liege also voll abgelenkt und in meine Lektüre versunken auf dem Liegestuhl auf der Terrasse und lese diesen Artikel über Sehnsucht.

Er ist wirklich spannend geschrieben und beschreibt die Top 5 Sehnsüchte der Menschen. Ich halte kurz inne und stelle mir innerlich meine eigenen Top 5 zusammen. Am Ende des Artikels steht, dass immer das die größte Sehnsucht darstellt, was man nicht unmittelbar haben kann und dass Sehnsüchte sich ändern bzw. wir diese auch ständig anpassen. In diesem Augenblick wird mir klar, dass ich in diesem Moment nicht nur alleine meine Kinder unendlich vermisse und mich nach Ihnen sehne, sondern auch, dass ich in der Zeit, in der sie nicht bei mir sind, es vermisse, wenig gebraucht zu werden. Ich vermisse also meine Mama-Rolle und die Kontrolle, die sie mir gibt.

Nach so vielen Jahren wieder mal zwei Wochen ohne die Kids zu sein, stellt mich vor eine richtige Herausforderung. Obwohl ich so liebe Menschen um mich habe, so viele schöne Sachen erlebe und endlich die Zeit für mich nutzen kann, wofür mich so viele andere beneiden, kann oder will ich es einfach nicht so richtig genießen. Denn im Hinterkopf spukt immer noch dieses eine schlechte Gefühl herum – die Sehnsucht nach Familie und das schlechte Gewissen der Vergangenheit.

ABER: Ich wäre ja keine absolute Meisterin der Ablenkung, wenn ich das nicht auch noch in den Griff bekommen würde, oder? Also kurzer Blick aufs Handy, ob ich schon ja keine Nachricht der Kinder aus ihrem Urlaub verpasst habe – dann rein in die Sportklamotten und ab zum See. Das Leben ist definitiv zu kurz und zu schade für schlechte Gedanken und ein schlechtes Gewissen.

In diesem Sinne – es lebe die Ablenkung – und auf bald Ihr Lieben, eure Nicole.

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