Und es bleibt das Größte…
…Geschenk, das es für mich gibt. Nämlich mein Sohn.
Was auch immer schief lief, und ja, da gab es wirklich viel:
- Vieles, was mich an meine Grenzen brachte oder auch heute noch bringt.
- Vieles, was schwer zu verdauen war und immer noch ist.
- Vieles, wo ich mir sicher bin, dass ich es heute nicht mehr schaffen würde.
Aber seit er auf der Welt ist, danke ich jeden Tag mindestens einmal dafür, dass es ihn gibt. Wem ich jetzt da danke, weiß ich eigentlich auch nicht, ich bin nicht so der typisch gläubige Mensch. Aber irgendetwas muss da sein … irgendwas Großes, das mir meinen Sohn geschenkt hat.
Ich kann mich noch so gut an die Schwangerschaft erinnern – so viel Gefühlschaos – so viel „schwer Verdaubares“, so viel Angst – und doch war ich plötzlich nicht mehr allein, freute mich so wahnsinnig auf das, was auf mich zukommen würde. Definitiv fing es schon da mit den Achterbahnfahrten an. Und auch schon damals schlug Olaf regelrecht Wellen in meinem Leben (auch wenn vorerst „nur“ im Bauch).
Gesundheitlich immer top fit, und so gut wie unantastbar, arbeitete ich bis zum „bitteren Ende“, machte alles, was Mamas in der Schwangerschaft eben so machen und was finanziell auch tragbar war. Dazu gehörte natürlich der Geburtsvorbereitungskurs, Schwangerschaftsschwimmen und ausgewogene Ernährung (mal abgesehen von meinen unstillbaren Pommes- und Twinnigelüsten).
Entgegen der Meinung meines Arztes durfte ich Olaf sogar noch 5 Tage übertragen. Leider sollte bei der Geburt dann nicht alles so ablaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nach 18 Stunden Wehen ging plötzlich alles sehr schnell – die schlechten Werte von Olaf ließen eine Normalgeburt nicht mehr zu und es kam zum Notkaiserschnitt. Diese Gedanken, diese Angst – noch heute Gänsehaut pur, wenn ich daran denke. Aber wir hatten so viel Glück im Unglück … keine Folgeschäden, keine Intensivstation, nichts … er war einfach nur gesund!
Die ersten Wochen zehrten sehr an mir … dieses allein sein, diese Unsicherheit. Aber dank meiner Hebamme schaffte ich auch diese Zeit. Olaf war überall dabei, bei der Arbeit (ja, ich hatte Glück ihn ins Büro mitnehmen zu dürfen), bei Terminen, bei den Spitalsbesuchen meiner Mama, einfach überall. Zum einen, weil ich ihn nicht an Fremde geben wollte, und zum anderen, weil mir die Familie fehlte, bei der er hätte bleiben können.
Als Olaf größer wurde und meine finanziellen „Probleme“ ebenso, musste ich mehr arbeiten und entschied mich, ihn für den halben Tag in eine Spielgruppe zu geben. Oh man, wie oft ich damals an mir zweifelte, wie viel Angst ich hatte, dass es ihm schaden könnte … und natürlich platzte ich oft fast vor Neid, dass andere Mamas ihre Kinder den ganzen Tag bei sich haben durften.
Aber er ist ein Einzelkind und hat nur mich … und erst einige Zeit später stellte ich fest, wie gut es ihm eigentlich tat, dass er nicht den ganzen Tag nur bei mir war, dass er früh lernen musste, sich mit anderen Kindern zu vertragen, zu teilen und sich auch mit anderen Erwachsenen zurecht zu finden. Noch dazu ist Olaf ein „hochsensibles“ Kind, was sogar ärztlich bestätigt wurde – aber zu dieser wunderbaren und „haareraufenden“ Eigenschaft komme ich ein anderes Mal.
Die Zeit verging rasend schnell. Immer wieder hatte ich Panik vor dem nächsten Entwicklungsschritt, weil ich den bestehenden so genoss. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es weiterhin so besonders bleiben könnte. Aber es blieb besonders, anders – mal anstrengender – mal einfacher – aber immer besonders schön.
Bis zum Kindergarten blieb es dabei, dass er halbtags in die Spielgruppe ging. Mein Leben drehte und dreht sich um ihn, und bis heute bin ich der Meinung, es war für uns genau so richtig, wie es lief. Jede gemeinsame Minute wurde genutzt … egal ob mit streiten, lachen, spielen, Haushalt, kochen oder lernen. Dann kam der Kindergarten und damit kamen auch wieder viele Bedenken. Bekommt er als Einzelkind einer Alleinerziehenden nicht von vornherein einen Stempel aufgedrückt? Wird er mit Kindern aus „normalen Familien“ mithalten können? Darüber hinaus reichte es finanziell nicht mehr und ich musste Vollzeit arbeiten gehen.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das werden sollte. Ich hatte Angst gar nichts mehr von meinem Kind zu haben und dem entstehenden Betreuungschaos nicht Herr zu werden. Diese Gedanken zerrissen mir fast das Herz. Aber auch das haben wir geschafft. Wir stellten unseren gesamten Tagesablauf um – er stand morgens eine Stunde früher auf und die Abende verbrachten wir gemeinsam.
Tatsächlich, es klappte – er bekam keinen Stempel aufs Hirn gedrückt (durch die Erfahrungen in der Spielgruppe tat er sich auch im Kindergarten viel leichter) und es hatte sich das Wenige an der gemeinsamen Zeit zu einer genialen Zeit entwickelt. Klar, seit er auf der Welt ist, gibt es für mich keine Abende und auch kein Wochenende ohne ihn. Aber das macht mir nichts, für mich scheint es genau so auch richtig zu sein.
Doch der nächste Tiefpunkt ließ nicht lange auf sich warten, er kam mit dem Beginn der Volksschule. So blöd es klingt, aber ich hatte echt Angst, dass er mich dann immer weniger brauchen würde. War ich als Mama gut genug? Wir hatten doch viel weniger Zeit miteinander als andere? Wie wird es mit den Hausaufgaben … mit dem Lernen – ich wollte das doch selbst mit ihm machen? Wird man ihm anmerken, dass er nicht aus einer „normalen“ Familie kommt? Wird er es schwerer haben? Wird er mich dafür hassen, dass er seinen Vater noch nie kennenlernen konnte (auf Wunsch des Vaters).
Ich muss dazu auch sagen, dass wir in einem Dorf leben. Jeder kennt jeden und ich bin hier die einzige Alleinerziehende, was meine Angst natürlich noch mehr schürte und ich versuchte „normal“ zu wirken. Und zum Glück spielte sich alles wunderbar ein … wir haben alles geschafft – Hausaufgaben wurden in der Mittagspause gemacht, gelernt, wenn nötig, wurde am Abend, es blieb aber auch noch Zeit für Gespräche.
Die Stunde am Morgen blieb bis heute … und er hat sich zu einem „normalen“, frechen und lernwilligen Schüler entwickelt. Und das Wichtigste: Nein, er ist mir nicht entglitten und brauchte mich auch nicht weniger. Klar, es wurde anders, er brauchte mich auf eine andere Weise – nicht mehr, um sich anzuziehen, um Essen zu schneiden, Lego zusammen zu bauen, usw. Dafür brauchte er mich, um über Sorgen in der Schule zu reden, über Freude und Ärger mit Freunden, blöde Lehrer, doofer Lockdown, usw.
Wie erwartet kam auch immer wieder das Thema „Papa“. Natürlich war er immer wieder damit konfrontiert, da er bei anderen Kindern die „komplette“ Familie sah und auch auf kindliche und dementsprechend plumpe Art darauf angesprochen wurde. Und ja, da gab es auch diese eine gefürchtete Phase, in der er auf mich böse war, dass er ihn nicht hatte. Aber meine Vorbereitungen diesbezüglich (ich habe mir Hilfe durch ein langes Gespräch mit einer genialen Mitarbeiterin vom Familiendienst geholt) haben sich gelohnt und wir haben auch diese schwere Zeit gemeinsam geschafft. Was für ein Glück…
Und das alles ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den letzten 10 Jahren – so viele Momente, die für mich erst so schrecklich und unvorstellbar waren, die sich aber mit VIEL GLÜCK dennoch zum Guten gewendet haben.