Das gute alte Muster

Ich sitze auf der Terrasse unterm Sonnenschirm. Vor mir Laptop und Kaffee. Der Blick weitet sich und ein Grundgefühl stimmt mich positiv. Wieder. Gottseidank. Denn diese Woche war es wieder da: Das alte Muster. Es hat mich angeknabbert und sich durchgebissen. Hinterhältig und rotzfrech. Dank Mama habe ich es erkannt und wieder in seine Schublade gesteckt. Dort gehört es nämlich hin.

… das alte Muster
Es ist wie immer – seit ich frisch alleinerziehend bin: Es gibt gute und schlechte Tage. Hast du das auch? Ein ewiges Auf und Ab seit der Trennung? Tage, an denen ich zweifle und nicht weiß, wie weiter. Und dann Tage, an denen ich stolz bin, weil ich weiß, ich kann das. Ich kann das allein schaffen. Aber wann wird es besser? Wann sind die schlechten Tage vorbei? Wann hat das alte Muster keine Chance mehr, mich zu triggern?

Wenn alles gleichzeitig kommt
Der Vollmond, eine Hormonwelle und der Wetterwechsel machten diesen einen Tag zum schlechten Tag. Und da war noch etwas: Eine Vorahnung. Eine leise geflüsterte Vorahnung. Wie immer habe ich das Flüstern im hektischen Alltag ignoriert. Und dann sind wir zusammengekracht. Mein Ex und ich. Ich gegen ihn. Er gegen mich.

Wir haben diskutiert. Die ewige alte Litanei. Er sagt: „Es hätte noch was werden können, aber du wolltest ja nicht. Du bist ja schnurstracks mit Sack und Pack ausgezogen.“ Ich sage: „Ich habe ein Jahr um uns gekämpft und dann sagtest du, dass du dich mit mir arrangieren kannst, aber willst, dass die Kinder bleiben.“ Das ging dann hin und her. Jeder Satz hat getriggert. Bei ihm. Bei mir. Die Kinder dazwischen.

Das Muster, der gute alte Bekannte, war wieder da. So schnell. So rasend schnell, dass ich keine Chance hatte, es abzuwehren. Es aufzuhalten. Mein Schutzschild aufzuziehen. Ich war schutzlos und bin eingestiegen: Er schiebt ab. Ich nehme auf. Am Ende ist er Opfer und ich schuld. Der Bekannte drückt mir auf die Schulter, kichert und hetzt mich weiter. Tiefer in den Streit. Tiefer in meine Schuldgefühle.

Plötzlich merke ich, dass eines meiner Lieblingskinder an meinem T-Shirt zieht und Mama ruft. Es holt mich zurück ins jetzt und hier. Ich sehe die Augen, die mich groß ansehen und spüre gleichzeitig den Druck auf meinen Schultern. So schwer, also ob jemand drauf sitzt. Ein kurzer klarer Moment. Ein Atemzug. Dann stoppe ich. Ich nehme mich raus. Lasse los. Und gehe.

Dann kommt auch der Ärger
Abends beim zu Bett gehen, entschuldige ich mich bei den Kindern und erkläre, dass Mama nicht perfekt ist. Als sie schlafen, weine ich erstmal ein ganzes Waschbecken voll. Mama sieht mich und nimmt mich in den Arm. Sie hört mir zu. Geduldig und ruhig wie immer. Als ich fertig geschnieft habe, hebt sie die Stimme. Du kennst meine Mama nicht, aber meine Mama ist nie wütend. Meine Mama ist die Ruhe selbst. Nie habe ich von ihr auch nur ein einziges lautes Wort gehört. Aber in diesem Moment wurde sie richtig wütend. Sie schimpft laut drauf los. Wie so ein Rohrspatz. Auf ihn und auf mich. Wieso ich mich auf die Diskussion einlasse. Wieso ich die ganze Schuld auf mich nehme. Wieso ich mich wieder ködern lasse. Wieso ich wieder an der Entscheidung zweifle. Ob ich alles vergessen habe? Sie zählt mir die Situationen auf, in denen ich unglücklich war. In denen ich allein war. In denen ich verzweifelt war. Sie endet mit: Ich lasse nicht zu, dass du wieder so klein wirst.

Ich bin erschrocken und meine Schuldgefühle auch. Sie haben sich sofort in einen Winkel verzogen. Gefolgt von meinen Tränen. Es stimmt: Das alte Muster hat mich wieder. Es macht mich klein. Es macht mich schuldig. Einfach so. Mitten am Nachmittag. Aus dem Nichts.

Muster erkannt. Muster gebannt.
Drei Tage später sitze ich nun hier in der Sonne und bin nachsichtig mit mir. Ich sehe mir mein neues perfektes Bild an und warte bis meine Kinder von ihrem Papa-Tag wieder nach Hause kommen. Ich stelle mir vor, dass wir alle 20 Rückfälle haben müssen, bis wirklich alles aufgearbeitet ist. Bis sich der neue Weg zeigt. Und ich habe seit dieser Woche einen weiteren Rückfall abgehakt und überlebt. Es wird. Ganz bestimmt.

Wie viele Rückfälle hast du schon geschafft? Schreib’s mir in der WhatsApp-Gruppe und mache mir und allen frisch Alleinerziehenden damit Mut. Denn die Zeit heilt alle Wunden. So sagt man. Vertrauen wir darauf.

Weil wir Mamas alles schaffen.
Deine Sandra

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