Lasst den Vätern ihr Verantwortung

Manchmal braucht es Mut, Dinge nicht zu tun. Keine Jause einzupacken. Keine Sonnencreme in die Tasche zu schmuggeln. Einfach loszulassen – nicht aus
Nachlässigkeit, sondern aus Vertrauen. Väter dürfen Verantwortung übernehmen. Sie dürfen Fehler machen, improvisieren, wachsen. Und Kinder dürfen erleben, dass Papa das hinkriegt – oder eben auch nicht.

Endlich wieder Papazeit
Es ist Freitagnachmittag. Der Rucksack steht bereit. Meine Kinder auch – aufgeregt und ein bisschen nervös, weil das Wochenende bei Papa ansteht. Es klingelt. Die
Begrüßung ist wie immer stürmisch. Und ich? Ich stehe da – wie so oft – und muss mich zusammenreißen, nicht doch noch schnell zu fragen, was sie vorhaben. Damit ich weiß, ob ich die richtige Kleidung eingepackt habe.

Aber ich frage nicht. Weil ich es nicht mehr tue. Weil ich aufgehört habe, für zwei Elternteile zu denken. Weil ich aufgehört habe, die Verantwortung des Vaters
mitzutragen.

Denn ganz ehrlich: Warum eigentlich?
Ich bin nicht die Mutter und der Vater. Ich bin nicht das Backup, nicht der Notfallplan, nicht das Elternteil für „alle Fälle“. Ich bin die Mama. Und er ist der Papa. Punkt.

Ich hab das lange nicht geschafft. Ich hab die Tasche gepackt, als würden meine Kinder in ein Krisengebiet fahren. Wechselkleidung in dreifacher Ausführung,
Sonnencreme, Jause, Lieblingsbuch, Kuscheltier, Pflaster, Nureflex. Ich wollte, dass es meinen Kindern gut geht. Dass sie gesund sind. Dass es ihnen an nichts fehlt. Dass alles reibungslos läuft.

Aber was ich damit eigentlich gemacht habe: Ich habe dem Papa nicht zugetraut, Vater zu sein.

Und genau das war mein Fehler.
Denn wie soll ein Vater lernen, Vater zu sein, wenn ich ihm alles abnehme, was Vatersein bedeutet? Wenn ich ihm die Gelegenheit raube, Erfahrungen zu machen?
Auch die unbequemen?

Ja, vielleicht steht er dann mal ohne Jause da. Dann sind die Kinder hungrig und quengelig. Vielleicht merkt er, dass Sonnencreme nicht vom Himmel fällt und dass es eine Badehose braucht, wenn man ins Schwimmbad geht. Vielleicht muss er dann improvisieren, sich kümmern, nachdenken, planen. Lernen.

Und genau das ist Elternsein.
Kinder brauchen nicht nur eine perfekt vorbereitete Umgebung. Sie brauchen Bezugspersonen, die Verantwortung übernehmen. Die sich bemühen. Die wachsen.
Genauso, wie wir Mütter das jeden Tag tun.

Ich will keine Übergabe mehr machen wie ein Logistikunternehmen. Ich will nicht mehr die Unsichtbare im Hintergrund sein, die alles vorbereitet, damit der Vater
möglichst wenig Aufwand hat. Ich will, dass er Verantwortung übernimmt. Für sich. Für die Kinder. Für den Alltag. Nicht, weil ich bequem sein will – sondern weil es richtig ist. Weil es wichtig ist. Für alle.

Für die Kinder, die erleben dürfen: „Papa kümmert sich. Auch, wenn nicht alles perfekt läuft.“ Für den Vater, der begreift: „Ich bin gefragt. Ich bin wichtig. Ich bin mehr als der Besuchsonkel mit Spielplatzauftrag.“ Und für mich – weil ich endlich aufhören darf, alles zusammenzuhalten. Ich darf loslassen. Nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Vertrauen.

Natürlich – und das ist mir wichtig – gilt das nicht für Väter mit gewalttätigem oderübergriffigem Hintergrund. Da braucht es Schutz, klare Grenzen, manchmal auch den völligen Entzug des Kontakts. Aber wenn das Kind sicher ist, dann dürfen – und sollen – wir Mütter loslassen.

Und ja, das heißt auch: Ich bekomme mein Kind vielleicht mal mit leerem Bauch zurück. Oder mit einem verdreckten T-Shirt. Oder mit einem leichten Sonnenbrand.
Aber das ist keine Katastrophe. Das ist Leben. Das ist Familie. Das sind Erfahrungen, die dazugehören. Das Leben ist eine Achterbahnfahrt.

Ich sag mittlerweile: „Regelt das mit dem Papa.“
Und meine Kinder tun das. Sie fragen ihn. Sie streiten mit ihm. Sie diskutieren mit ihm. Und der Papa lernt: Mittlerweile füllt sich sein Haushalt auch mit Kinderutensilien. So entstehen Beziehungen. So entsteht Bindung. Nicht durch perfekt gepackte Taschen –
sondern durch das gemeinsame Stolpern durchs echte Leben.

Ich weiß, es ist nicht immer leicht. Aber es lohnt sich. Wir Mütter müssen nicht alles machen. Und Väter können mehr, als wir ihnen oft zutrauen. Einen Versuch ist es wert, oder?

Weil wir Alleinerziehenden alles schaffen.
Deine Sandra

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