In Deutschland sagt man Umgangsrecht. Bei uns heißt es Kontaktrecht. Früher hieß es mal Besuchsrecht. Ein Wortspiel. Denn eigentlich geht es darum, welcher Elternteil hat die Kinder wann und zu welcher Zeit. Die Grundlage dafür ist das Wohl der Kinder. Du merkst schon, alles Begriffe mit viel Interpretationsspielraum. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

Das Feilschen um die Zeit
Ich bin frisch alleinerziehend und bin Anfang Jahres mit den Kindern ausgezogen. Wir haben im Haus meiner Mama ein neues zu Hause gefunden. Der Vater der Kinder und ich haben für die erste Zeit vereinbart, dass unsere Lieblingskinder Paula (4 Jahre) und Lorenz (2 Jahre) jeweils einen Wochenendtag bei ihm sind und er uns am Mittwochabend besuchen kommt. Vorerst ohne Übernachtung.

Zwei Monate nach dem Auszug geht es uns langsam besser. Ich spüre mich wieder und der Frühling tut mir gut. Druck, Herzrasen und Angst sind weg. Meine Kinder spiegeln das. Sie schlafen durch. Zum ersten Mal in ihrem Leben schlafen sie durch. All das bringt gute Laune. Ich glaube, wir drei sind angekommen.

Nun ist es Zeit, sich zu überlegen, wie es mit den Besuchen bei Papa weiter geht. Dieser prescht vor und macht mir ein Angebot, dass Kopfschütteln verursacht: Alle zwei Wochen von Donnerstag bis Montag plus jeden Mittwoch Abend. Ich wackel wieder, obwohl ich doch gerade eben noch so stabil stand. Mein Berater beim ifs fängt mich auf. Er hilft mir. Er klärt mich über das Gesetz auf. Er rät mir. Was er aber nicht kann: Mir sagen, wie viel ich die Kinder abgeben will oder kann. Wieviel mir und den Kindern gut tut. Er kann mir nur sagen, was so „üblich“ ist.

Von Besuch auf Kontakt
Seine Forderung im Detail: Die Kinder sollen alle zwei Wochen für 5 Tage/4 Nächte bei ihm sein. Zusätzlich kommt er noch einmal unter der Woche abends von 16 bis 18 Uhr zu uns. Er will nicht nur ein Besuchspapa sein. Er will Kontakt zu den Kindern. Und zwar so, dass er auch in ihren Alltag eingebunden ist.

Wir lassen jetzt mal außen vor, dass er sich bewusst gegen die Familie entschieden hat. Wir bewerten nicht, dass er bis jetzt weder einen Arzttermin vereinbart, noch eine Kinderbetreuungsstelle gesucht hat. Auch der Männerabend war wichtiger, als Paula Fahrrad fahren beizubringen oder mit Lorenz laufen zu üben. Wir vergessen auch mal, dass er das letzte Jahr aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen ist. Er konnte nicht schlafen, die Kinder sind ihm zu unruhig. Und er hat schwierige Situationen mit den Kindern genauso gemieden wie Entscheidungen treffen, Wochenenden planen, Essen vorbereiten.

Also das mal außen vorgelassen, ist es ja löblich, dass er als Vater mehr will, als nur Besuchspapa sein. Aber ist es zum Wohl der Kinder von null auf vier Nächte zu erhöhen? Einen Zweijährigen für vier Nächte von der Mama zu trennen? Eine Vierjährige, die die Trennung bewusst erlebt hat, vom Halt der Mutter für fünf Tage zu lösen?

Auf mein Gefühl hören
Und wenn ich das mache, dann sage ich als Mama deutlich: Nein. Halt ist jetzt das Wichtigste. Und den gebe ich. Immer schon. Und Gottseidank gibt mir da auch das Gesetz Rückhalt. Bei Kleinkindern rät man eher zu einem öfteren, aber kürzeren Kontakt. Die Sicherheit der Mama spüren und der Entfremdung vorbeugen sind dabei die Hauptargumente. Das ist für mich mehr als stimmig.

In den letzten zwei Monaten habe ich mich verändert: Anfangs fand ich es furchtbar, meine Kinder nur noch das halbe Wochenende zu sehen. Das war nicht das, was ich wollte. Niemals. Aber ich habe mein Bild neu gezeichnet und sehe der Realität ins Auge: Mit ihm als Mann und Vater kann ich Familie nicht leben. Im Gegenteil, er sabotierte meinen Wunsch auf Harmonie und gemeinsame Familientage. Mit seiner Streitsucht hat er alle Muttertage, Familienurlaube und Sonntagsausflüge vergiftet. Diese Zeit war einfach nur anstrengend.

Das neue Wochenendgefühl
Nun habe ich mit meinen Lieblingskindern zwar nur einen Tag, aber dieser eine Tag ist genial: Wir setzen uns auf die Fahrräder und gehen Eis essen. Wir fahren mit dem Zug nach Bregenz zum Schiffle fahren. Wir besteigen Berge und essen Wurstbrot auf dem Gipfel. Und dabei lachen und tanzen wir. Wir kuscheln und schmusen. Wir streiten und versöhnen uns. Ich liebe diese unbeschwerte Zeit mit meinen zwei Lieblingen.

Der andere, zweite Tag gehört dann mir. Ganz allein. Meistens arbeite ich noch ein bisschen, bevor ich mit einer Freundin auf den Karren laufe oder eine Linzertorte im Theater-Café esse. Ich lasse mich treiben. Sammle Energie. Kotz mich aus. Bin für mich und gönn mir was.

Und diese Kombination – ein Tag mit und einer ohne Kinder – gibt mir Kraft. Für eine neue Woche mit zwei Kleinkindern, die trotzen, schreien, fordern. Für eine neue Woche zum Grenzen setzen, erziehen und Halt geben. Für eine neue Woche, in der ich endlich die Mama sein kann, die ich will. Die aushält, tröstet, haltet. Und dabei entsteht eine Bindung. Eine starke Bindung. Eine Bindung, die ich erst jetzt spüren kann. Und die Kinder auch. Und gegen die, kann er nichts ausrichten.

Der Weg ist das Ziel
Mein Gegenvorschlag darum an ihn: Wir starten mal alle zwei Wochen mit einer Übernachtung von Samstag auf Sonntag und arbeiten uns so mal auf den Sommerurlaub hin. In der Wechselwoche sind sie Sonntag ganztags und Mittwoch nachmittags bei ihm. Wenn das gut läuft, dann erhöhen wir auf eine Übernachtung pro Woche. Bedingung dafür: Keine Machtspiele, wer der bessere Elternteil ist und ein Austausch zum Wohl der Kinder. Weitere Ausbaustufe: Noch offen. Zwei Nächte möglich.

Es geht in die richtige Richtung und es ist mehr als üblich, wie der Berater vom ifs findet. Das ist aber ganz schön viel, wie meine Freundinnen finden. Es ist immer noch zu wenig, wie er findet. Und ich finde, das ist ein guter Start. Und da ich nun nicht mehr beschäftigt bin, eine tote Beziehung am Leben zu erhalten, eine Schwiegerfamilie auszuhalten oder ein riesiges Haus zu putzen, habe ich endlich wieder Zeit, auf mein Bauchgefühl zu hören und das sagt: Gut so, Sandra. Wirklich. Gut so.

Wie hast du es gelöst? Wie oft sieht der Vater die Kinder? Will er sie überhaupt sehen? Hast du einen Besuchs- oder einen Kontaktpapa? Ich freu mich, wenn du deine Erfahrung mit mir teilst. Dann weiß ich es nochmals anders einzuschätzen, was ich gerade erfeilscht habe – see you in der WhatsApp-Gruppe.

Weil wir Mamas alles schaffen.
Deine Sandra

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