Ich zieh zu Papa

2023-10-30T10:55:37+01:007. Juli 2023|

Ich zieh zu Papa Dieser Satz ist das Schreckgespenst aller alleinerziehenden Mamas. Es treibt uns den Schweiß auf die Stirn und legt die pure Angst frei. Was, wenn mein Lieblingskind nicht bei mir bleiben will? Dann liegen wir nachts wach und das Gespenst beginnt zu flüstern. Es sagt Dinge wie: Du bist viel zu streng. Bei Papa gibt es immer Spaß. Er kann dem Kind viel mehr bieten als ich. Vielleicht kommt der Satz schon morgen. Vielleicht erst in der Pubertät. Aber er kommt. Bei mir kam er vor zwei Wochen. Ganz unerwartet und leise. Der ganz normale Wahnsinn Wir saßen beim Abendessen. Ich hatte meinen langen Arbeitstag und hatte die Kinder um fünf bei Mama abgeholt. Beide waren wie immer ein wenig aufgekratzt und ich wie immer noch mit dem Tag beschäftigt. Mein Bubi wollte ein Glas Milch. Ich stand also auf und holte die Flasche aus dem Kühlschrank. Meine Prinzessin maulte, sie will als erste die Milch eingeschenkt bekommen. Ich schenkte also ihr zuerst ein und tauchte wieder in meine Gedanken ein. Der Bubi maulte auch, aber das hörte ich schon nicht mehr: ‚Ich muss unbedingt noch die Geschirrspültabs auf die Einkaufsliste setzen. Habe ich die Rechnung für den Reifenwechsel überwiesen? Ich muss noch bügeln oder kann ich das nochmal verschieben? Hat mein Bubi noch Hosen?’ Knall. Peng. Autsch. Plötzlich hörte ich meine Tochter sagen: „Mama, ich mag bei Papa wohnen.“ Sie sagte das ganz ohne Emotion. Total sachlich. Als hätte sie gesagt: „Mama, morgen soll’s regnen.“ Und so ganz ohne Vorwarnung oder vorangegangener Diskussion. Der Satz holte mich zurück in die Gegenwart. An den Esstisch. So plötzlich, dass sich mein Körper schüttelte. In meinem Herzen stach es. Mein Impuls wollte los heulen. Meine Gedanken begannen zu rasen: 'Wie reagiere ich? Warum sagt sie sowas? Woher kommt das? [...]

Der Rucksack der Kinder

2023-05-24T09:13:44+02:0024. Mai 2023|

Der Rucksack der Kinder Die Gigagampfa Gruppe ist ein Angebot vom Ehe- und Familienzentrum und bietet Kindern aus Trennungssituationen einen wertfreien Raum. In Kleingruppen treffen sie sich zehn Nachmittage begleitet von PädagogInnen. Ziel: Ein Austausch. Ein Aufarbeiten. Ein, das machen wir zusammen. Meine Große ist seit März dabei und sie liebt es. Es beschäftigt sie doch Mein Lieblingsmädchen ist jetzt fünf Jahre alt. Magisch das Alter. Magisch die Fantasie. Und magisch, wie schnell sie groß wird. Dinge hinterfragt. Lernt, Konsequenzen zu tragen. Lügen und Gemeinheiten einzuordnen. Richtig von Falsch zu unterscheiden. Eine herausfordernde Zeit. Aber welche Zeit ist das nicht? Auch das Thema Papa und Trennung kommt immer öfter als Frage, als Diskussion oder einfach nur als Erzählung. Und was ich merke, sie geht damit auch auf andere Menschen los. Sie fragt nach. Sie erzählt. Sie stellt fest. Als ich dann höre, wie sie mit ihren Barbies die Trennung nach spielt, da bin ich dann doch unsicher geworden. Darum habe ich sie zur Gigagampfa-Gruppe angemeldet. Ich wollte doch ohne Rucksack Einer der Hauptgründe, warum ich mich getrennt habe, war der, meinen Kindern den Rucksack nicht mit einer unglücklichen Beziehung zu füllen. Ich stelle mir immer vor, was sie mich fragen, wenn sie mal 15 Jahre alt sind. Die Frage, warum bist du bei Papa geblieben, er liebt dich ja gar nicht, hätte ich dann ehrlich mit „Ich bin wegen euch geblieben.“ beantworten müssen. Das will ich nicht. „Das gute alte Muster“ und der „Sturzflug Hoffnung“ sind meine Themen. Und das gehört nicht in ihren Rucksack, sondern in meinen. Das ist meine Verantwortung. Also Hilfe holen In der Gigagampfa Gruppe fühlt sich meine Maus sehr wohl und sie geht wahnsinnig gerne. Gottseidank. Sind doch neue Kinder und eine neue Pädagogin. Aber ich habe ihr erklärt, dass dort Kinder sind, bei denen [...]

Einfach mal ausflippen

2023-04-19T11:07:46+02:0019. April 2023|

Einfach mal ausflippen Meine Kinder sind gerade im Urlaub bei ihrem Papa. Das ist gut so. Ich finde, auch er darf Zeit mit ihnen verbringen und auch den Kindern gehört die Zeit mit dem Papa. In den fünf Tagen vermisse ich die Zwei ganz wahnsinnig, aber ich weiß, es ist für sie wichtig. Ich und mein Gefühl kommen da an zweiter Stelle. Es geht darum, dass es den Kindern gut geht. Aber manchmal wünsche ich mir nicht vernünftig zu sein. Manchmal wünsche ich mir, einfach mal auszuflippen. Ein paar Tage frei Ja, so sehe ich das mittlerweile. Und ich kann das auch ganz gut. Ein Jahr nach der Trennung bin ich nicht mehr frisch alleinerziehend. Ich habe mich an die Vorteile gewöhnt. Viel mehr qualitative Kinderzeit, weil ich die Dinge erledige, wenn sie nicht da sind. Viel mehr qualitative Mama, weil ich mehr Energie habe und besser auf die Kinder eingehen kann. Viel mehr qualitative Zeit für Selbstfürsorge, weil auch ich ein Mensch bin. Und vor allem: Nur noch alle zwei Wochen den Vater der Kinder an der Backe. Das reicht nämlich in meinem Fall vollkommen. Und immer wieder trennen Meine Lieblingskinder gehen also zu Papa in den Urlaub. Sie freuen sich und springen ihm mit roten Backen und gepacktem Koffer entgegen. Ich habe sie vorbereitet und sie wissen, dass sie nun vier Nächte bei Papa schlafen dürfen. Ich mag es, sie so fröhlich und aufgedreht zu sehen. Die Verabschiedung ist kurz, denn die Kleinen können es kaum erwarten, mit ihm davon zu düsen. Das passt schon. Sie freuen sich ja auch wieder heim zu kommen und da haben sie auch keine Zeit, sich von ihm zu verabschieden. Also unentschieden. Kein Grund zum Ausflippen Und dann kommt gleich am ersten Tag, kurz nach Mittag der erste Anruf. Eines meiner Lieblinge [...]

Das Gute im Menschen

2023-03-15T10:55:44+01:0015. März 2023|

Das Gute im Menschen “Du kannst draußen am Eingang noch eine Zeitung kaufen.“ sage ich zu meiner Tochter an der Spar-Kassa und drücke ihr 5 Euro in die Hand. Beim Marie-Verkäufer angekommen, schwatzen wir. Über das Wetter. Zuerst in Deutsch, dann ein wenig in Englisch. Ich mag diesen kleinen Small Talk. Ich mag fremde Menschen. Und ich mag die bunte Welt, in der wir leben. Ein Erlebnis der anderen Art Letztens war ich bei meinem Autohändler des Vertrauens. Reifen wechseln. Während ich mit meinen Kindern warte, kommt eine Dame, setzt sich und nimmt ihr Strickzeug raus. Ihr Mann mag nicht sitzen und trippelt vor mir rum. Wir beginnen ein bisschen zu plaudern - über die Kinder, über das Wetter, über die Sommerreifen. Plötzlich hören wir, wie im hinteren Teil des Autohauses ein Auto gestartet wird. Anscheinend gibt es neu Poliertes, dass hinterm Schaufenster Platz nehmen darf. Mein Bubi schon ganz aufgeregt und der nette Mann sagt zu ihm: „Sollen wir schauen gehen.“ Klar, ist er gleich mit. Während ich ihnen zuschaue, wie sie rüber spazieren, um die Lage zu sondieren, beginnt die Frau zu schimpfen. Mit mir. Wie ich mein Kind erzogen habe, dass es einfach so mit einem fremden Mann mitgeht. Das sei ja unerhört. Ihre Enkelkinder würden sowas niemals machen. Gefährlich sei das. Sie sei froh, dass ihre Enkel mit niemandem reden, den sie nicht kennen. Ich war perplex. Da saß sie strickend neben mir und unterstellte ihrem Mann, dass er fremde Kinder entführt und mir, dass ich meine Kinder falsch erziehe. Ich stammele, dass ich stolz auf meine Kinder bin, weil sie so offen sind. Weil sie freundlich sind. Weil sie mutig sind. Entschuldigend murmele ich noch, dass sie ja noch klein und nicht alleine unterwegs sind. Eine halbe Stunde später brause ich mit meinen neuen Reifen [...]

Das liebe Geld

2023-03-01T09:54:04+01:001. März 2023|

Das liebe Geld Alimente sind für Kinder. Sie sollen die Bedürfnisse decken. Das sind Unterkunft, Nahrungsmittel, Bekleidung, Unterricht/Erziehung, Freizeitgestaltung und Taschengeld. So sieht es das Gesetz vor. Im österreichischen Gesetz sind es Prozentsätze je Altersstufe vom Nettoeinkommen des nicht im selben Haushalt lebenden Elternteils. Aus dieser ergibt sich also die Höhe der Unterhaltszahlungen. Das ist keine Diskussionsgrundlage. Das ist im Gesetz klar geregelt. Einfach mal angesprochen „Ich habe nur gesagt, dass du verpflichtet bist, wenn du wesentlich mehr verdienst, dass du dann auch die Alimente dementsprechend erhöhen müsstest. Und nein, ich will nicht wieder zur BH gehen. Ich frage dich jetzt einfach und bitte dich, die Alimente selbständig im nächsten Monat anzupassen“. Ich bleibe mit beiden Füßen auf der Stelle stehen und versuche mich zu erden. Bitte Gott, lass meine Stimme nicht zu schrill klingen, bete ich noch. Da haut er mir auch schon um die Ohren: „Muss ich gar nicht. Ich bezahl das, was die Bezirkshauptmannschaft mir vorgeschrieben hat. Nicht mehr und nicht weniger. Da wirst du schon zum Gericht rennen müssen.“ Meine Argumente von der Teuerung und der 11.1% Lohnerhöhung für die Metaller, schaffen es nicht mal durch die Handy Muschel. Es wird abgeblockt und überhört. Kurz darauf halte ich das Handy in der Hand, schaue auf das Display und sehe die Anrufdauer: 1 Minute und 23 Sekunden. Das nenn ich mal abgefertigt. Im Zwiespalt Als ich abends dann mit meiner Freundin telefoniere, redet sie auf mich ein. Ich solle die Alimente neu berechnen lassen. Das würde mir zustehen und ich soll keine Kompromisse eingehen. Das Geld ist ja für die Kinder. Und die Lebensmittel werden immer teurer und ich hätte ja auch eine Mieterhöhung gehabt. Er solle gefälligst zahlen. Das müsse ich für die Kinder tun. Und ich weiß, sie hat Recht. Aber das Streiten kränkt mich. [...]

Vier Worte

2023-02-08T09:26:24+01:008. Februar 2023|

Vier Worte Es war ein Prozess. Monatelang. Mal gefasst vom festen Entschluss. Dann wieder hoffend auf Glück. Mal kämpfend und gläubig. Mal gekränkt und enttäuscht. ICH. WILL. DIE. SCHEIDUNG. Das allein war schon schwer. Doch da war ja noch mehr. Unausgesprochen hing noch was dran. Und ging gleich mit einher. ICH. WERDE. ALLEINERZIEHEND. SEIN. Eine Welt brach zusammen. Das Glück schien verlor'n. Es gab keinen Plan. Ich kämpfte uns durch. Doch es nagte der Zweifel. Am Anfang noch laut. KANN. ICH. DAS. SCHAFFEN? Mal ging's leicht von der Hand. Dann war's wieder mühsam und schwer. Mal lachend und tanzend. Mal bitterlich weinend. Und mit der Zeit war dann klar: ES. WAR. RICHTIG. SO. Ich überrasche mich selbst. Was ich alles kann!!! Mal übertreff ich mich selbst. Mal haut es mich hin. Mal steck ich voll Leben. Dann könnt ich nur schrei'n. Aber egal was auch kommt: ICH. GLAUBE. AN. MICH. Und wenn du das liest: Vielleicht geht es dir gleich? Erkennst du dich wieder? Nagt der Zweifel an dir? Lass es nicht zu: DU. SCHAFFST. DAS. AUCH. Weil du das Selbstbewusstsein haben darfst, das Leben zu führen, das du willst. Deine Tanja

Es geht mir gut

2023-01-25T13:59:10+01:0019. Januar 2023|

Es geht mir gut Die Frage „Wie geht es dir?“ hat es in sich. Und zwar richtig. Ist dir das auch schon aufgefallen? Mal antwortest du stark und selbstbewusst. Am anderen Tag könntest du bei der Frage einfach nur losheulen. Es hat nicht nur damit zu tun, welche Verfassung du gerade hast. Es hat auch damit zu tun, wer fragt und wie. Ja, die Frage „Wie geht es dir?“ hat es wirklich in sich. Ein mutiger Bekannter Er drückt mir und seiner Frau einen Glühwein in die Hand und stellt sich neben uns. Wir sind beim Kindergartenfest und sehen unseren Kindern beim Spielen zu. Ich kenne die zwei. Sie von früher und ihn über Bekannte. Die Welt ist klein. Er ist mutig und traut sich zu fragen: „Wie geht es dir?“ Ich bin in guter Stimmung und antworte: „Mir geht es sehr gut. Wirklich. Mir geht es seit dem Sommer richtig gut.“ Er sieht mich ungläubig an. „Wie, es geht dir gut? Wirklich?“ Ich antworte nochmals überzeugt: „Ja, es geht mir wirklich gut.“ Er runzelt die Stirn, ist sichtlich irritiert und fragt nochmal nach: „Ja, wie jetzt? So ohne ihn. Ganz alleine mit den Kindern?“. Ich hole aus und erzähle, dass es leichter ist, über jemanden hinweg zu kommen, der dich schlecht behandelt und nicht mehr will, als über jemanden hinwegzukommen, der dich warm hält. Das hilft abzuschließen und sich auf das Neue zu konzentrieren. Denn die „Wir-kommen-vielleicht-wieder-zusammen“-Wolke lässt keinen Himmel durch und bleibt hängen. Ein Gewitter hingegen ist heftig, ladet ab, zieht vorbei und dann kommt die Sonne. Was für eine Metapher, denke ich und verdreh innerlich die Augen. „Ja, es geht mir gut.“ sage ich nochmal, bevor es noch weitere tiefgründige Erklärungen regnet. Im Mitleidsnebel Ich glaube, er wollte mich und sich nicht in Bedrängnis bringen und sein [...]

Gedankenkarussell

2023-01-17T12:47:31+01:0023. Dezember 2022|

Gedankenkarussell Ich wache auf. Ich bin bereit für den Alltagswahnsinn. Sicher klingelt gleich der Wecker. Mist. 1:43 Uhr. Schnell umdrehen und weiter schlafen. Doch das Gedankenkarussell ist schon da. Ich denke. Es lässt sich nicht mehr aufhalten. Das Karussell beginnt schon sich zu drehen. Ich halte mich am Bügel fest. Wie lange muss ich heute arbeiten? Was steht heute auf dem Programm? Was koch ich heute bloß? Das Karussell steigert das Tempo. Gewinnt an Höhe. Ich spüre den wachsenden Druck. Hab ich Qualitätszeit mit Junior eingeplant? Hat er alles, was er braucht? Und was tu ich eigentlich für mich selbst? Das Karussell wird immer schneller. Mein Puls rast. Meine Hände umklammern krampfhaft den Bügel. War es klug sich scheiden zu lassen? Wird es irgendwann mal leichter? Und was mach ich nur im Alter? Es reicht! Ich öffne die Augen. Setze mich auf. 2:16 Uhr. Ich greife zu meinem Lieblingsduft. Loslassen steht auf dem Fläschchen. Ich atme tief ein. Noch ein zweites Mal. Und ein drittes Mal. Ich lege mich hin. Mach die Augen zu. Sitze wieder im Karussell. Doch diesmal nicht! Ich weiß es besser. Ich lass den Bügel los. Lehne mich zurück. Nimm die Hände in die Luft und schreie so laut ich kann: "Weil das Gedankenkarussell keine Macht mehr über mich hat" Deine Tanja.

Allein, aber nicht einsam

2023-01-25T13:59:30+01:0015. Dezember 2022|

Allein, aber nicht einsam Ich nehme einen Schluck von meiner Chai Latte. Er ist noch heiß, also blase ich zuerst mal in die aufgeschäumte Milch. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, ich habe noch eine knappe halbe Stunde, bevor ich die Kinder abholen muss. ‚Steyr Traktor von Bruder‘ schreibe ich dann auf das Post-it vor mir. Ich mache gerade meine Weihnachtsliste. Was ich noch brauche. Was ich noch organisieren muss. Was ich nicht vergessen darf. Gedanken, die kommen Ich schaue auf meine Liste und grüble weiter. Es fallen mir immer mehr Dinge ein, die er letztes Jahr organisiert hat. Wir hatten noch nicht viele gemeinsame Rituale. Dafür haben die zwei Weihnachten zusammen als Familie nicht gereicht. Aber das Grobe hat er gemacht. ‚Baum kaufen‘ schreibe ich also noch auf. Das werde ich wohl heuer selbst machen. In Klammer notiere ich ‚klein‘. Getränke schleppen für die Gäste ist auch so was Grobes. Und schwer. Ich schreibe ‚Frastanzer s‘klenne‘ auf meine Liste. Träume, die bleiben Ich lege meine Hände um die Tasse und schließe die Augen. Irgendwo singt jemand Feliz Navidad und nimmt die Kalbsbäckchen aus dem Rohr. Ich rieche das feine durchgegarte Fleisch. Die Kinder ziehen ungeduldig an meinem roten Kleid, dass ich extra für den Heiligen Abend angezogen habe. Da klingelt es an der Tür und ich höre ein ‚Frohe Weihnachten‘ rufen. Meine Mama ist gekommen. Hinter mir knallt ein Korken. Ich spüre eine Hand, die meinen Rücken streichelt und mich fragt: ‚Auch ein Gläschen?‘. Als ich mich umdrehe, steht da niemand. Realität, die weh tut Ich mach die Augen wieder auf. Hole laut Luft und wische mir über die Augen. Es ist was in der Luft. Ich nippe an meiner Latte. Die Erinnerung an die letzten beiden Jahre ist nicht so rosig wie der Traum eben. Das erste [...]

52 Stunden frei

2023-01-17T12:47:46+01:001. Dezember 2022|

52 Stunden frei Ich bin alleinerziehend, berufstätig und ohne familiäre Unterstützung und es ist gerade die erste Stunde meiner Mama-freien Zeit angebrochen. Ich bin ohne Junior unterwegs. Richtig. Er ist bei seinem Vater. Es ist Papa-Zeit. Auf Vorurteile wie zum Beispiel „Das ist schon praktisch, wenn man alle zwei Wochen frei hat!“ antworte ich inzwischen ziemlich gelassen: Du hast recht! ICH habe frei. Mama-frei. 52 Stunden. Plus, minus 1 Stunde. Ich nehme mir frei vom Kochen. Gegessen wird, was der Kühlschrank hergibt oder in eine Schüssel passt. Müsli zum Beispiel. Oder Chips. Ich nehme mir frei vom Haushalt. Die Wollmäuse rotten sich im Laufe der nächsten 52 Stunden zu Wollratten zusammen. Mit dem Geschirr spiele ich" Turmbau zu Babel". Wahlweise auch "Jenga". Ich nehme mir frei von der Arbeit. Denn 30 Stunden in der Woche sind genug. Das Geschäftshandy bleibt lautlos allein zurück. Ich gehe raus. An die frische Luft. Raus in die Natur. Mache Kilometer. Laufe mir den Kopf frei. Ich treffe meine Lieblingsmenschen. Das letzte Treffen ist schon Wochen oder Monate her. Wir reden. Bringen uns gegenseitig auf den neuesten Stand. Starren ins Lagerfeuer. Schweigen. Lachen. Reden über Gott und die Welt. Ich höre einen Podcast. Oder zwei. Einer dauert 1,5 Stunden. Ich bin voll konzentriert. Sauge die Informationen und das Wissen auf. Ich schlafe aus. Und wenn ich aufwache, dreh ich mich nochmal um. Und dann, so um die Stunde 49 herum, räume ich auf. Beseitige die Wollratten. Fülle die Spülmaschine. Drehe dabei meine Lieblingsmusik voll auf und tanze durch die Wohnung. 17 Uhr. Musik aus. Mama-Modus. Mein Akku ist wieder voll. Er muss die nächsten 284 Stunden halten. Plus, Minus 1 Stunde. Weil Vorurteile mir nichts mehr können. Deine Tanja.

Sturzflug Hoffnung

2023-01-25T13:59:45+01:0022. November 2022|

Sturzflug Hoffnung Ich war letztens auf dem Alleinerziehenden Treffen von femail/EFZ in Feldkirch. Echt ein tolles Format. Ein Jahr lang begleitet uns Christiane. Sie ist Coach und gemeinsam in der Gruppe arbeiten wir an Themen wie Selbstfürsorge, Grenzen setzen oder dem Blick in die Zukunft. Letztens war das Thema Hoffnungen und Wünsche dran. Das haute mich grad aus der Flugbahn. Und zwar unerwartet. Ich bin auf Kurs Seit Wochen geht es mir gut. Ich hatte keine Rückfälle in alte Muster, gesunde Kinder und keine Machtkämpfe. Mein neues perfektes Bild scheint in Sichtweite, denn ich mag mein neues Leben. Ich war beim Friseur. Ich habe mein erstes Podcast-Interview gegeben. Ich habe geflirtet und gedatet. Aber das Wichtigste: Ich hatte Spaß mit meinen Kindern. Wir blödeln rum. Wir kuscheln viel. Wir sind zusammen. Und ich mag mich als Mama. So wie ich jetzt gerade bin. Nicht perfekt. Aber echt. Mein neues Bild wirkt in mir und ich bin stolz. Stolz gegangen zu sein. Stolz es allein hinzukriegen. Stolz auf mich. Fliegen geht nur vorwärts Und das verdanke ich mir selbst. Weil ich gerne in den Austausch gehe mit anderen Single-Moms, um zu wissen, dass ich nicht allein bin. Weil ich gerne reflektiere, um einzuordnen was passiert ist. Weil ich gerne verstehe, um abzuhaken. Um dann den nächsten Schritt zu gehen. Also sitze ich Freitagnachmittag im Coaching und höre zu. Coach Christiane fragt nach unseren Wünschen. Unseren Sehnsüchten. Unserer Hoffnung. Ich höre, wie eine andere Mama erzählt, dass sie gerne geheiratet hätte. So richtig. In Weiß. In der Kirche. Mit großem Fest. Dahinter steckt Sehnsucht nach Geborgenheit und Sicherheit. Ein Aufgehoben sein. Dann kommt die Bruchlandung Auf die Frage, ob ich gerne auch geheiratet hätte, beginnt meine Stimme bei der Antwort brüchig zu werden. Und nach dem zweiten Satz, bricht sie unter Tränen weg. Die Stimme und [...]

Schatten seiner selbst

2023-01-17T12:49:51+01:008. November 2022|

Schatten seiner selbst Es ist Herbst geworden. Die Natur zeigt sich nochmals von ihrer besten Seite, bevor sich alles ruhig und gediegen in Nebel gehüllt – auf den Winter vorbereitet. Ich bemerke dann meist, dass ich im Zauber der Melancholie mehr über mich und das Leben nachdenke, als in warmen Sommernächten. Letztens ist mir bei einem Spaziergang durch den Wald aufgefallen, dass ich in der Vergangenheit oft Dinge gemacht und Entscheidungen getroffen habe, hinter welchen ich gar nicht wirklich gestanden bin. Einfach nur, weil es von mir erwartet worden ist. Einfach, weil man das nun eben so macht. Wie ein Schatten meiner selbst, der dem allem zugestimmt hat – so als ob ich in diesen Situationen nicht ich selbst war. Ich habe mich verlobt, obwohl ich noch nicht bereit dazu war. Ich habe geheiratet, obwohl es sich nicht richtig angefühlt hat. Zu meinem heutigen Entsetzen war ich mir dessen damals keineswegs bewusst. Wie oft antworten wir auf Fragen unserer Kinder mit: „Weil es ebenso ist“. Ohne uns wirklich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, was diese Antwort für unsere Kinder und ihre Zukunft bedeutet. Ich weiß, man hat als alleinerziehender Elternteil wirklich schon genug um die Ohren und kann sich oft nicht um jede Erziehungskleinigkeit kümmern. Aber – Sensibilisierung ist wichtig. Ich war ein Kind, dass nie hinterfragt hat. Ich habe alles je nach Erwartung und Vorgabe erledigt, weil ich es nicht anders kannte und es mir so vorgelebt worden ist. Egal ob zuhause oder in der Schule. Selbst später in der Arbeitswelt und in meinen Beziehungen gab es kein Hinterfragen – gab es von meiner Seite her keinen Spielraum für Selbstbestimmung oder kreatives Einbringen. Weil es ebenso ist. Weil man es schon immer so gemacht hat. Verloben – Heiraten – Hausbauen. Nie hat mich etwas davon erfüllt. Doch nun ist [...]